Wochenrückblick KW 6 2023

Wochenrücklick KW 6 2023

Irgendwie freue ich mich auf‘s Frühjahr und trotzdem bin ich erschrocken, wie schnell der Januar vorbeigegangen ist.

Zwischen den Schulungen bleibt kaum Zeit zum Luftholen angesichts der Vielzahl von streitigen Verfahren, die wir derzeit zu betreuen haben.

Nachdem wir am Montag im Altenburger Land erste Gespräche mit einem neuen Betriebsratsgremium geführt haben, hatte ich ein Seminar mit sensationellen Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Fulda.

Immer wieder war ich auch am Rande des Seminars in Gespräche vertieft, um Tipps zu geben, wie aus Theorie Praxis wird.

Donnerstag hat sich ein Gerichtstermin vorerst erledigt, weil der Arbeitgeber außergerichtlich mit uns nach Lösungen suchen will, eine Bitte, die ich nur in den allerwenigsten Fällen abschlage.

Freitag haben wir weiter zu einer Betriebsvereinbarung „Krankenrückkehrgespräche“ verhandelt.

Was habe ich heute inhaltlich?

Vorstellen möchte ich eine aktuelle Entscheidung LAG Düsseldorf vom 24.11.2022,
Az. 8 TaBV 59/21.

Dort hat das Gericht sich mit der Frage befasst, ob sich ein Betriebsratsgremium bzw. in dem Fall eine Personalvertretung bei einer Betriebsverfassungsrecht 1 Schulung auf ein Webinar statt einer Präsenzveranstaltung verweisen lassen muss.

Das Gericht kam zu dem – durchaus erfreulich zu nennenden Ergebnis – , dass
die Interessenvertretung zwar, wenn sie die Erforderlichkeit der Schulung prüft, die betriebliche Situation und die finanziellen Belastung der Arbeitgeberin zu berücksichtigen hat, ihr allerdings bei der Seminarauswahl ein Beurteilungsspielraum zustehe.

Die für mich entscheidende Sätze lauten, dass „nur, wenn mehrere gleichzeitig angebotene Veranstaltungen nach Ansicht der Personalvertretung innerhalb dieses Beurteilungsspielraums als qualitativ gleichwertig anzusehen seien, eine Beschränkung der Kostentragungspflicht der Arbeitgeberin auf die Kosten des preiswerteren Seminars in Betracht komme.

Die Einschätzung der Interessenvertretung, dass der „Lerneffekt“ im Rahmen einer Präsenzveranstaltung deutlich höher ist als bei einem Webinar, sei nicht zu beanstanden.“

Wie ich aus persönlicher Überzeugung und eigenem Erleben bestätigen kann, ist ein Austausch und eine Diskussion über bestimmte Themen bei einem Webinar in weitaus schlechterem Maße möglich als bei einer Präsenzveranstaltung.

Insoweit – so die Düsseldorfer Richter weiter, „stelle sich das Webinar eher als „Frontalunterricht“ dar, was wohl auch daran liegen dürfte, dass die Hemmschwelle, sich online an Diskussionen zu beteiligen, weitaus höher sei, als bei einem Präsenzseminar.“

Die Richter wiesen dabei – wiederum aus meiner Sicht absolut beanstandungsfrei darauf hin-, dass sie dabei geprüft hätten, „ob es keine ortsnäheren Präsenzseminare gegeben habe, auf welche die Interessenvertretung hätte verwiesen werden können.“

„Die ermittelten alternativen Seminare lägen u.a. tatsächlich im Urlaubszeitraum des einen Mitglieds bzw. das andere Mitglied hätte in Anwendung einer tatsächlich gelebten Praxis einer dienstlichen Veranstaltung den Vorrang gegeben.

Im Übrigen ergäbe sich aufgrund der konkreten Entfernung keine ausreichende Kostenersparnis im Vergleich zum gebuchten Seminar, weil die Übernachtungskosten nicht entfallen wären. Ein anderes Seminar läge zeitlich so viel später, dass die Personalvertretung sich darauf habe verweisen lassen müssen.“

Meine persönliche Anmerkung ist, dass ich den
hier unternommenen Versuch des Arbeitgebers, den Betriebsrat bzw. Interessenvertretung in ein Webinar zu zwingen, zutiefst verurteile.

Webinare haben ihre Berechtigung – keine Frage, aber sie sind nach meiner Überzeugung ein „weniger“ zum Präsenzseminar.

Das coronabedingte Ausweichen auf Webinare und Onlineveranstaltungen war eine Notlösung, um auf die gegebenen Umstände einer Pandemie zu reagieren. Das war unter den gegebenen Umständen – ohne Zweifel- richtig, darf aber, nachdem sich die Corona-Lage beruhigt hat, nicht als Alibi benutzt werden, um Betriebsräten ihre lang erkämpften Möglichkeiten zu nehmen, indem sie in ihren Fortbildungsmöglichkeiten beschränkt werden.

Ich habe an gleicher Stelle Webinare und Präsenzveranstaltungen mit Fernseh- und Livekonzerten verglichen.

Der Auftritt seines Lieblingskünstlers seiner Lieblingsband ist „live“ ein völlig anderes Erlebnis.

Trotzdem muss der Betriebsrat eine Abwägung vornehmen, die er im Streitfall vortragen muss, dann steht aber dem „Präsenzerlebnis“ nichts im Wege.

Nächste Woche hat sich der von mir zu schulende Betriebsrat für ein Inhouse-Seminar entschieden, das ist in der Regel für Arbeitgeber so gut wie nie ein Problem.

Erst, wenn der Betriebsrat reist😉, wird es problematisch.

In diesem Sinne, Euch eine schöne Woche!

Euer Franky